Pressemitteilung zu den Verhandlungen zwischen Kurth Gruppe und Bezirksamt Frdrh.-Krzbg. zur RAW-Entwicklung

27. Mai 2019

Pressemitteilung: Zu den Verhandlungen zwischen Kurth Gruppe und Bezirksamt Frdrh.-Krzbg. zur RAW-Entwicklung

RAW - Bedarfsgerecht oder investorengetrieben?

Die aktuelle Entwicklung des RAW wird durch die Bedrohung der soziokulturellen Projekte auf dem RAW erzwungen: Die Kurth Gruppe verlangt bis zum Sommer einen Aufstellungsbeschluss, sonst gibt es keine Mietverträge.

Bereits jetzt sind viele Mieter*innen nur geduldet und ohne gültigen Mietvertrag, u.a. der Kinderzirkus Zack und der Kulturverein RAW//cc. Dadurch entsteht eine unzumutbare Konfliktsituation, die sich immer weiter zuspitzt und die demokratische Willensbildung zur RAW-Entwicklung beeinträchtigt.

Stadtteil und Kulturprojekte werden gegeneinander ausgespielt

Getrieben von dieser Situation wollen die Grünen und die SPD einen B-Plan-Aufstellungsbeschluss noch vor der Sommerpause durch die BVV bringen, der voreilig das knapp 6-fache der aktuellen Baumasse festlegt, eine GFZ von 2,9 - rund 149.000 m² allein auf dem Grundstücksteil der Kurth-Immobilien. Trotz aller Kritik am Verfahren, den befürchteten Folgen dieser Pläne für den Stadtteil.

Ein bezirkliches Gutachten soll die wirtschaftliche Notwendigkeit für eine solche Baumasse belegen. Trotz Versprechung, es zumindest gekürzt zur Verfügung zu stellen, gab es bislang keine Einsichtsmöglichkeit. Es ist aber jetzt schon klar, dass der wesentliche Faktor, der Grundstückspreis von 25 Mio. Euro für 51.500 m², diese Bebauungswünsche nicht rechtfertigt: Unseren Berechnungen nach wäre auch die Hälfte der Baumasse auskömmlich1.

Noch dazu wurden die soziokulturellen Projekte aufgefordert, zu den Verhandlungsergebnissen öffentlich Stellung zu beziehen - unter diesem existenziellen Druck, eine fragwürdige Vorgehensweise. Für die handwerklichen Fehler von Eigentümern und Bezirk in den letzten beiden RAW-Entwicklungsverfahren sind aber weder die Mieter*innen noch die Zivilgesellschaft verantwortlich:

Partizipationskommunikation oder Beteiligungskultur?

Bereits 2016 brach die Kurth Gruppe ihr eigenes Beteiligungsverfahren ab, nachdem ihre damalige Kommunikationsagentur “Stöbe Kommunikation” sich in ihrer Firmenpräsentation damit rühmte, “Aktivisten und politische Akteure zu identifizieren” und “den Rückhalt der Bebauungsgegner sowohl in der Presse als auch bei den Anwohnern zu schwächen”.2

Auch das 2018 vom Bezirk beauftragte und von den Eigentümern mitfinanzierte Verfahren war alles andere als beteiligungsfreundlich. Urban Catalyst, die u. a. die Aufgabe haben, “das Stadtforum Berlin konzeptionell weiterzuentwickeln (…) um neue Ansätze in der Partizipationskultur3 zu nutzen, erwiesen sich als befangen und arbeiteten methodisch unanständig. Interessenskonflikte zwischen ihren Rollen als Entwurfsverfasser*in und Anwält*in des Stadtteils waren unvermeidlich:

Sie konzipierten und moderierten das RAW-Dialogwerkstattverfahren, erstellten aber gleichzeitig die Bebauungsentwürfe. Es gab keine Beteiligung des Stadtteils an der Verfahrenskonzeption und im Verlauf des Verfahrens fand keine systematische Einbeziehung des Stadtteils und seiner Bedarfe statt. In der Umsetzung entsprach der RAW-Dialog damit nicht den vom Bezirk gesetzten Vorgaben4

Die Initiative RAW.Kulturensemble lehnt daher die Verfahrensergebnisse in ihrer aktuellen Version und Entstehung ab, da grundlegende Regeln der Partizipation nicht eingehalten wurden. Wir können auch nicht den Aussagen der Eigentümer zustimmen, dass die Ergebnisse gemeinsam erarbeitet wurden.

Aber die tausendfache Beteiligung an der Unterschriftensammlung für den Einwohner*innen-Antrag “RAW als städtebauliches Erhaltungsgebiet sichern”5, gibt einen Hinweis darauf, was die Stadtgesellschaften von den städtebaulichen Aussichten des RAW-Dialogs halten:

Wir wollen über den weitestgehenden Erhalt der bauhistorischen Collage stadträumlich wichtige Nutzungen schützen und Möglichkeitsräume für zukünftige Nutzungsbedarfe sichern.

Wir wollen ein (Bebaungs-)Planverfahren, das die (zukünftige) Bedeutung des RAW als innerstädtischer Freiraum auch im Kontext des schon vorhandenen Grünflächen-Defizits in Friedrichshain im Blick behält - gerade im Zuge der Nachverdichtung zwischen Ostkreuz und Warschauer Brücke.

Eine fortschrittliche, kleinteilige Planung behält die Zukunft der Stadt im Blick und ermöglicht auch in 30 Jahren noch die Anpassung an sich verändernde Nutzungsbedürfnisse.

Deshalb fordern wir von der Bezirkspolitik:

- keinen Aufstellungsbeschluss zu erlassen, ohne eine unabhängige Erhebung im Stadtteil zur RAW-Entwicklung durchzuführen

- eine unabhängige Prüfung der städtebaulichen Erhaltungssatzung als Planungsrahmen für das RAW Friedrichshain

Deshalb fordern wir von der Kurth Gruppe:

- kurzfristig existenzsichernde Mietverträge für die Projekte im Soziokulturellen L

- Entkopplung der Vertragsverhandlungen zur Sicherung des Soziokulturellen L vom Bebauungsplanverfahren

4 vgl. BVV-Beschlüsse DS/2292/IV und DS/0713/IV

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