RAW – Stand der Dinge Juni 2020

26. Juli 2020

Mit Druck zum Bebaungsplan

Die aktuelle Entwicklung des RAW wird durch die Bedrohung der soziokulturellen Projekte auf dem RAW erzwungen: Ohne Baurecht für die hochtrabenden Neubauplanungen will Kurth-Immobilien keine langfristigen Mietverträge vergeben. Dadurch entsteht eine unzumutbare Konfliktsituation, welche die demokratische Willensbildung zur RAW-Entwicklung beeinträchtigt.

Der Aufstellungsbeschluss sichert dem Investor Neubauten mit einer Geschossflächenzahl von 2,9 zu. Das wird weitreichende Folgen für den Stadtteil haben und die Sicherung der soziokulturellen Projekte ist zweifelhaft.

Massenstudie RAW West aus dem Werkstattverfahren 2019

So beschloss die Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg (BVV) im Juni 2019 die Aufstellung eines Bebauungsplans, der knapp das 6-fache der aktuellen Baumasse festlegt, eine Geschossflächenzahl (GFZ) von 2,9 – rund 149.000 m² allein auf dem Grundstücksteil der Kurth-Immobilien.

Unsere Kritik im vorangegenen Dialogwerkstatt-Verfahren, die wir schriftlich in Form der Baufeldkritik eingebracht hatten, fand entgegen des Versprechens, alle Belange des Stadtteils einfließen zu lassen, keine Berücksichtigung. Zudem haben wir viele tausend Unterschriften für das RAW als städtebauliches Erhaltungsgebiet gesammelt.

Drohender Verlust einer für den Kiez bedeutsamen industriellen Kulturlandschaft

Das RAW hat sich zu einem Ort mit internationaler Ausstrahlung entwickelt und ist aufgrund seiner geschichtlichen und kulturellen Bedeutung aus Friedrichshain nicht wegzudenken.

Dennoch soll nach den aktuellen Plänen nur das ohnehin größtenteils unter Denkmalschutz stehende “Soziokulturelle L” entlang der Revaler Straße und rund um den Kletterturm erhalten werden. Dies entspricht etwa einem Drittel der Grundstücksfläche der Kurth Gruppe. Dieses minimale Zugeständnis an die Stadt wird dabei jedoch unverhältsnismäßig teuer vom Bezirk erkauft.

Mit dem Abriss der Gebäude auf den restlichen zwei Dritteln der Kurth Flächen verliert das RAW seine städtebauliche Eigenart und Berlin eine wertvolle industrielle Kulturlandschaft sowie mehrere authentische Einrichtungen wie z.B. das Astra, den Suicide Circus und das Urban Spree. Ob diese Veranstaltungsorte beim Umzug in die geplante Neubaustruktur (Sockelbauten mit Büroblocks und Hochäusern) ihren kulturellen Wert behalten, ist zu bezweifeln.

Angesichts einer zunehmenden Verdichtung Friedrichshains und der berlinweiten Verdrängung von Kultur kommt dem Areal ein besonderer städtebaulicher Wert zu. Die Freiflächenpotenziale auf dem RAW besitzen auch wegen der drastischen Unterversorgung mit Grünflächen eine wichtige stadträumliche Funktion. Die mehrfach von der BVV beschlossene Grünfläche ist bisher nicht Bestandteil der Planungen, obwohl deren räumliche Realisierbarkeit offensichtlich ist.

Zweifelhafte Machbarkeitsstudie als Grundlage

Die Grundage für den Aufstellungsbeschuss bildete eine wirtschaftliche Machbarkeitsstudie des Büros aedvice aus dem Juni 2019. Einige darin verwendete, teils vom Eigentümer gelieferte Annahmen, sind dabei höchst fragwürdig. So wurden zum Beispiel die Baukosten des House of Music und der Bau von Tiefgaragen als Grundstücksfixkosten, statt wie üblich als Baukosten angesetzt. Desweiteren wurde eine Verwaltungskostenquote von 17% verwendet, die absurd hoch ist.

Allein die angenommen Fix- und Verwaltungskosten sind wesentliche Treiber für die vermeintliche wirtschaftliche Notwendigkeit der großen Baumasse. Noch vor der besagten BVV hatten wir die deutliche Kritik mündlich und schriftlich geäußert.

Die Studie wirkt, als ob sie nur dazu dienen sollte, die unverhältnismäßigen Neubauabsichten des Eigentümers zu rechtfertigen. In einem Entwurf der Kurth Gruppe von 2016 wurde noch etwa die Hälfte der aktuellen Baumasse als wirtschaftlich auskömmlich angesehen.

Forderungen der Initiative RAW.Kulturensemble

  • Keine Fortsetzung des Bebauungsplanverfahrens auf dieser Grundlage
  • Erstellung eines zweiten Gutachtens, das die Werte einer Minimalbebauung voraussetzt
  • Langfristige Mietverträge für die Bestandsnutzer*innen
  • Herstellung einer zentralen Grünfläche auf dem großen Freibereich (Parkplatz)
  • Macht mit beim neuen Beteiligungsverfahren zum Bebauungsplan, das wir erreicht haben!
  • Noch ist es für Planungsänderungen nicht zu spät!

Informiert Euch und andere über die Entwicklungen am Gelände und unterstützt uns beim neuen Beteiligungsverfahren! Im Gegensatz zu vielen anderen Orten ist der Zug am RAW noch nicht abgefahren. Noch könnten Änderungen im vorgesehenen Bebauungsplan möglich sein.

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